OpenBIM
Anwendung von openBIM in der Praxis: Von IFC-Workflows zur digitalen Zusammenarbeit
Grigorios Anagnostopoulos
Grigorios Anagnostopoulos
October 20, 2025
4 min

Inhaltsverzeichnis

01
Von geschlossenen zu offenen BIM-Workflows
02
OpenBIM über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg
03
Interdisziplinäre Zusammenarbeit in openBIM
04
Kommunikation und BIM-Koordination
05
Qualitätskontrolle und Modellvalidierung
06
Die Rolle der gemeinsamen Datenumgebung (CDE)
07
Erkenntnisse aus realen openBIM-Projekten
08
Die Zukunft von openBIM: Auf dem Weg zu IFC 5 und Linked Data
09
Fazit: Das Versprechen – und das Paradox – von openBIM

In den vorherigen Artikeln haben wir openBIM von allen Seiten beleuchtet – vom IFC-Schema und seinen Eigenschaften und Beziehungen bis hin zu den unterstützenden Standards MVD, IDS, bSDD und CDE. 🏗️💡

Nun wenden wir uns der praktischen Seite zu: 👉 Wie funktioniert openBIM tatsächlich in realen Projekten?

Bei der Implementierung von openBIM geht es nicht nur um den Export einer IFC-Datei. Es geht um die Verwaltung der Interoperabilität, der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg – damit die Daten vom Entwurf bis zum Facility Management zuverlässig bleiben.

Von geschlossenen zu offenen BIM-Workflows

Traditionelle („geschlossene“) BIM-Workflows binden Teams an das Ökosystem eines einzigen Anbieters. Alle verwenden dieselbe Software, und die Koordination ist auf diese Umgebung beschränkt. 🔓

openBIM-Workflows hingegen ermöglichen:

  • Interoperabilität zwischen Tools wie Revit, Archicad, Tekla, Allplan usw.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Architekten, Statikern und MEP-Ingenieuren.
  • Datentransparenz durch gemeinsame offene Standards.

👉 Kurz gesagt: openBIM beseitigt die Bindung an einen bestimmten Anbieter und fördert den offenen Datenaustausch auf Basis des IFC-Formats.

project in design phase
Abbildung 1: Ein typisches Projekt in der Entwurfsphase unter Verwendung von openBIM-Workflows. (Quelle: BIMcert-Handbuch, Ausgabe 2024)

OpenBIM über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg

OpenBIM unterstützt alle Phasen eines Bauprojekts – vom Konzeptentwurf bis zum Betrieb. In jeder Phase kommen spezifische IFC-Workflows und BIM-Koordinierungsstandards zum Einsatz: 🕰️

ProjektphaseTypische OpenBIM-ErgebnisseWichtige Standards/Tools
PlanungKonzeptmodelle, EntwurfsabsichtIFC, MVD (Design Transfer View)
EntwurfDetaillierte Koordination, KollisionserkennungIFC, BCF, Coordination View
BauFertigung, MengenermittlungIFC + bSDD + IDS
BetriebAnlagenmanagement, digitaler ZwillingIFC + FM Handover View + CDE
RenovierungAktualisierung des BestandsmodellsIFC (Referenzansicht)

In jeder Phase werden die IFC-Modelle verfeinert, mit IDS validiert und mit bSDD-basierten Eigenschaftsvorlagen angereichert, um Konsistenz zu gewährleisten.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit in openBIM

Das Wesentliche von openBIM liegt in der Zusammenarbeit. Verschiedene Disziplinen tragen ihre Modelle zu einer gemeinsamen Datenumgebung (Common Data Environment, CDE) bei, wobei IFC als universelle Sprache verwendet wird. 🧱⚙️🌬️

Architektur

Architekten legen die räumliche Hierarchie fest – Gebäude, Stockwerke und Räume – und exportieren Entwurfsmodelle, die Folgendes enthalten: 🧱

  • IfcWall, IfcDoor, IfcWindow, IfcSpace usw.
  • Eigenschaftssätze wie Pset_WallCommon, Pset_SpaceCommon.
  • MVDs wie Design Transfer View oder Reference View.

Struktur

Bauingenieure importieren die architektonische IFC und erstellen ein analytisches Modell: ⚙️

  • Konvertieren Sie IfcWall oder IfcSlab in Strukturelemente.
  • Fügen Sie Lasten, Materialien und Verstärkungen hinzu.
  • Exportieren Sie aktualisierte Geometrien und Eigenschaften zur Koordination.

MEP 🌬️

  • Mechanische, elektrische und sanitäre Modelle verwenden IFC-Entitäten wie IfcFlowSegment und IfcDistributionSystem.
  • Sie sind in hohem Maße auf eine genaue räumliche Platzierung und konsistente Eigenschaftsdefinitionen angewiesen, die durch IDS validiert und mit bSDD-Begriffen verknüpft sind.

Facility Management 🏢

  • Nach Abschluss des Projekts dienen dieselben IFC-Daten weiterhin als Grundlage für digitale Zwillinge und Wartungssysteme.
  • Entitäten wie IfcAsset, IfcZone und IfcTypeProduct gewährleisten die Datenkontinuität während der gesamten Lebensdauer des Gebäudes.

Kommunikation und BIM-Koordination

Effektive Kommunikation ist das Fundament jedes openBIM-Workflows. Zwei wichtige Standards sorgen dafür, dass Probleme und Änderungen transparent nachverfolgt werden können: 💬

  • BCF (BIM Collaboration Format) – ein schlankes XML-Format für den Austausch von Kommentaren, Standpunkten und Aufgaben zwischen BIM-Tools.
  • CDE-Plattformen – wie BIMcollab, Trimble Connect oder Autodesk Construction Cloud, die IFC und BCF gemeinsam hosten und so eine vollständige Rückverfolgbarkeit gewährleisten.

👉 Anstelle von Screenshots und E-Mails nutzen Teams ein strukturiertes Problemmanagement, das direkt mit IFC-Elementen verknüpft ist.

project coordination
Abbildung 2: Koordinationsablaufdiagramm eines typischen openBIM-Projekts. (Quelle: BIMcert-Handbuch, Ausgabe 2024)

Qualitätskontrolle und Modellvalidierung

Ein openBIM-Workflow muss eine Datenqualitätssicherung umfassen. Die automatisierte Validierung mithilfe von IDS (Information Delivery Specification) stellt sicher, dass jedes IFC-Modell den Projektanforderungen entspricht. ✅

Typische Validierungsprüfungen umfassen:

  • Sind alle erforderlichen Entitäten vorhanden?
  • Sind die obligatorischen Eigenschaften (z. B. Feuerwiderstandsklasse, U-Wert) ausgefüllt?
  • Stimmen die Klassifizierungscodes mit dem buildingSMART Data Dictionary (bSDD) überein?

Tools wie Solibri, BIMcollab Zoom und DesiteMD automatisieren diesen Prozess.

Die Rolle der gemeinsamen Datenumgebung (CDE)

Die CDE dient als zentrale Plattform für alle openBIM-Daten. Sie verwaltet den Zugriff, Überarbeitungen und Validierungen über mehrere Disziplinen und IFC-Modelle hinweg. ☁️

Kernfunktionen der CDE:

  • Versionskontrolle und Genehmigungsworkflows.
  • Rollenbasierter Zugriff und Berechtigungen.
  • Modellzusammenführung (Kombination mehrerer IFCs zu einem koordinierten Modell).
  • Integration mit IDS und bSDD für Live-Prüfungen.

Eine gut strukturierte CDE stellt sicher, dass IFC-Workflows während des gesamten Projekts nachvollziehbar, überprüfbar und kollaborativ bleiben.

Erkenntnisse aus realen openBIM-Projekten

Die Erfahrungen aus Projekten im privaten und öffentlichen Sektor zeigen, dass eine erfolgreiche openBIM-Implementierung Folgendes erfordert: 🧭

  • Frühzeitige Einigung über MVDs, Eigenschaftsvorlagen und IDS-Anforderungen.
  • Für den buildingSMART IFC-Export/Import zertifizierte Software.
  • Konsistente CDE-Governance für die gemeinsame Nutzung von Modellen.
  • Dokumentierte benutzerdefinierte Eigenschaften und klare Namenskonventionen.

Trotz anhaltender Herausforderungen – Dateigrösse, Geometrieinterpretation, inkonsistente Attribute – verbessert openBIM kontinuierlich die Interoperabilität und Datentransparenz in der gesamten AEC-Branche.

Die Zukunft von openBIM: Auf dem Weg zu IFC 5 und Linked Data

OpenBIM steht nicht still. Während die Bauindustrie den digitalen Wandel vorantreibt, verändern neue Technologien die Art und Weise, wie wir Informationen modellieren, validieren und verknüpfen. 🌐🚀

🔗 IFC 5 – Über den dateibasierten Austausch hinaus

Die nächste Version, IFC 5, zielt darauf ab, von statischen Dateiübertragungen zu einem kontinuierlichen Datenaustausch über APIs und Datenbanken überzugehen. Anstatt .ifc-Dateien zu versenden, werden Teams Modelle direkt über cloudbasierte openBIM-Workflows synchronisieren.

🧠 Semantisches Web und Linked Data

Die Integration semantischer Webtechnologien (RDF, OWL) ermöglicht es, IFC-Entitäten und -Eigenschaften mit globalen Wissensgraphen zu verknüpfen.

Das bedeutet:

  • Gebäude werden Teil des Daten-Netzwerks.
  • IFC-Objekte können auf externe Klassifizierungen, IoT-Sensoren und Produktbibliotheken verweisen.
  • Abfragen wie „Zeige mir alle feuerfesten Wände auf Ebene 2” werden in Echtzeit und plattformübergreifend möglich.

🌱 Nachhaltigkeit und digitale Zwillinge

OpenBIM verschmilzt auch mit Tools zur Umweltleistung und Plattformen für digitale Zwillinge. IFC-basierte Modelle, angereichert mit bSDD-Eigenschaften und Sensordaten, unterstützen Lebenszyklusanalysen, Energiemanagement und vorausschauende Wartung – alles auf derselben offenen Grundlage.

👉 Das nächste Kapitel von openBIM wird Gebäude nicht nur beschreiben, sondern sie auch miteinander verbinden.

Fazit: Das Versprechen – und das Paradox – von openBIM

OpenBIM hat einen langen Weg hinter sich. Was als ambitionierte Idee begann – nahtlose Zusammenarbeit durch gemeinsame Datenstandards – ist heute ein greifbares, funktionierendes Ökosystem. 🏁

Durch IFC-Workflows, CDE-Plattformen und Spezifikationen wie MVD, IDS und bSDD ist es heute für Architekten, Ingenieure und Facility Manager möglich, strukturierte Informationen über Softwaregrenzen hinweg auszutauschen. Das ist keine geringe Leistung.

Aber seien wir ehrlich: OpenBIM ist immer noch schwieriger, als es sein sollte. Jedes Versprechen der Interoperabilität bringt eine neue Ebene der Komplexität mit sich – Dateigrössen, Modellkoordination, Versionskonflikte, inkonsistente Benennungen, unvorhersehbares Geometrieverhalten. Wir haben die Herstellerabhängigkeit gegen ein Labyrinth aus Standards, Validierungstools und Checklisten eingetauscht, für die die meisten Teams noch nicht über das erforderliche Fachwissen verfügen.

OpenBIM ist ausserdem nur so gut wie seine Umsetzung. Viele Projekte behandeln den IFC-Export immer noch als Nebensache – als einen Knopfdruck am Ende des Entwurfs, nicht als einen von Anfang an integrierten Workflow. Und obwohl CDEs eigentlich alles miteinander verbinden sollen, werden sie in der Praxis oft zu einem weiteren Silo – diesmal allerdings in der Cloud.

Dennoch lohnt sich der Aufwand. Das Potenzial von OpenBIM ist enorm:

  • Transparente, herstellerneutrale Zusammenarbeit.
  • Datenbeständigkeit weit über die Lebensdauer proprietärer Software hinaus.
  • Die Grundlage für digitale Zwillinge, Nachhaltigkeitsanalysen und Lebenszyklus-Asset-Management.

Die nächste Herausforderung – IFC 5, Linked Data und semantische Integration – könnte BIM endlich zu dem machen, was es sein sollte: nicht eine Reihe unzusammenhängender Dateien, sondern ein lebendiges Netz von Bauwissen.

Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es jedoch mehr als nur neuer Standards:

  • Bessere Ausbildung für Praktiker.
  • Strengere Implementierungsrichtlinien.
  • Intelligentere Tools, die openBIM weniger wie ein Forschungsprojekt und mehr wie alltägliche Arbeit erscheinen lassen.

OpenBIM hat bewiesen, dass Zusammenarbeit möglich ist. Jetzt muss es beweisen, dass es auch praktikabel ist. Die Zukunft des digitalen Bauens hängt davon ab – und vielleicht ist genau das der Grund, warum sich die Mühe lohnt.


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#IFC#BIM

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